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Hochmoore – Inseln des Nordens mitten im Isergebirge

2012 wurde ein großer Teil der Hochmoore des Isergebirges in die sog. Ramsar-Konvention, das Übereinkommen über Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung aufgenommen (tsch. Bezeichnungen: Rašeliniště Jizery, Rašeliniště Jizerky, Černá jezírka, Rybí loučky, Klečové louky, U Posedu, Na Knajpě, Vlčí louka, Na Čihadle). Sie reihten sich so beispielsweise zu unseren „Teichen von Třeboň“, aber auch zum französischen Camargue oder zum Titicacasee.

Hochmoore – Inseln des Nordens mitten im Isergebirge

Woher kommen die Hochmoore im Isergebirge?

Sie entstanden an geeigneten Orten – in Quellgebieten, in Mulden, auf dem undurchlässigen Untergrund zwischen Wäldern, die nach der letzten Eiszeit auf dem Gebiet der früheren Tundra wuchsen. Von dieser blieben bis heute Pflanzenarten bestehen, die ansonsten in Skandinavien heimisch sind.Lange vor dem Eintreffen der ersten Menschen im Isergebirge, dehnten sich die in den Wäldern verborgenen und vor äußeren Einflüssen geschützten Moore auf viel größerer Fläche aus, als heute.

Die Moore des Isergebirges gehören den so genannten Hochmooren an, denen die Berge ideale Bedingungen bieten:

- eine wellige, hoch gelegene Oberfläche (über 800 Meter) mit flachen Gipfeln und seichten Tälern – einzigartig, aber charakteristisch fürs Isergebirge

- nährstoffarme, saure Böden, die durch Zerfall des hiesigen Granitgesteins entstehen

- außergewöhnlich ergiebige unterirdische Quellen, die in einem dichten Netz von Quellgebieten an die Oberfläche treten (der Wasserabfluss aus den Bergen ist hier 6x stärker als der Durchschnitt in Tschechien)

- hohe Niederschläge (bis zu 1 200 mm jährlich) und häufiger Nebel und niedergeschlagene Luftfeuchtigkeit (Tau, Reif).

In einem solchen Milieu bildet sich Torf – aus abgestorbenen Pflanzenteilen des Torfmooses und weiterer Pflanzen, die sich ohne Luftzufuhr in den unteren Schichten (in einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 1-2 Millimetern pro Jahr) zersetzen. Der lebendige Teil des Torfmooses wächst ständig nach, während der untere abstirbt und auch mehrere Meter dicke Schichten bildet. Manche Moore werden lediglich von Niederschlagswasser gespeist, andere auch von Oberflächen- oder Grundwasser.

Warum sind sie so selten?

Sie stellen die naturnahesten und von menschlicher Tätigkeit am wenigsten betroffenen Teile des Isergebirges dar; dessen ungeachtet wurden viele von ihnen in der Vergangenheit entweder direkt durch Melioration oder indirekt durch den Bau von Forstwegen, Entwaldung oder Austrocknung in ihrer unmittelbaren Nähe zerstört. Dennoch blieben in ihnen zahlreiche seltene Pflanzen und Lebewesen bewahrt und stellen heute einzigartige Inseln der subarktischen Natur in Europa dar.

2012 wurde ein großer Teil der Hochmoore des Isergebirges in die sog. Ramsar-Konvention, das Übereinkommen über Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung aufgenommen (tsch. Bezeichnungen: Rašeliniště Jizery, Rašeliniště Jizerky, Černá jezírka, Rybí loučky, Klečové louky, U Posedu, Na Knajpě, Vlčí louka, Na Čihadle). Sie reihten sich so beispielsweise zu unseren „Teichen von Třeboň“, aber auch zum französischen Camargue oder zum Titicacasee.

Hochmoore sind das Gedächtnis der Landschaft, in den tausenden Jahren ihrer Existenz haben sie unablässig Pflanzenpollen „deponiert“, so geben sie beispielsweise preis, dass hier nahezu 5000 Jahre lang Haselsträucher, aber auch Linden oder Eichen wuchsen. Die heutige Pflanzenwelt entwickelte sich erst im letzten Jahrtausend.

Was wächst und wer lebt in ihnen?

Der Hauptakteur ist das Torfmoos, von dem einige Dutzend Arten bekannt sind, im böhmischen Isergebirge gibt es heute jedoch nur noch einige von ihnen. Das Torfmoos vermag in seinem Körper große Mengen Wasser aufzusaugen – das meiste von allen Moosen. Außer in Mooren kommt es auch an sonstigen feuchten und sumpfigen Orten vor.
Am interessantesten sind jedoch Pflanzenarten, die in unseren geografischen Breiten sehr selten sind – die kleinen Sträucher der Gewöhnlichen Moosbeere mit ihren rosaroten winzigen Blüten und roten Beeren oder die wie kleine Rhododendren anmutende Rosmarinheide (Gränke), der einzigartige würzig duftende und weiß blühende Sumpf-Porst, die zierliche, getrenntgeschlechtliche Schwarze Krähenbeeren mit ihren beerenartigen, schwarzen Früchten. Das Symbol der Moore ist wohl aber der fleischfressende Rundblatt-Sonnentau, der die Insekten mit seinen klebrigen Blättern fängt. Die auffälligen Wollschöpfe des Wollgrases bilden an größeren Flächen regelrechte Teppiche.

Die Moore beherbergen zahllose wirbellose Lebewesen – hier schwirren attraktive Libellen, flattern Schmetterlinge und krabbeln unzählige Käfer. Von den Wirbeltieren leben hier hauptsächlich Vögel, die freie, unbewaldete Flächen und stilles Milieu lieben. So nisten hier beispielsweise Bekassine nach ihrer Rückkehr von ihren Überwinterungsorten in Afrika oder auch der seltene (Graue) Kranich auf dem Moorwiesen. Eine weitere wichtige Art unserer Hochmoore ist heute auch das Birkhuhn – eine der im „Vogelgebiet Isergebirge“ schützten Arten. Es liebt offene Flächen mit spärlichem Baumbewuchs und reichhaltigem Nahrungsangebot in Form von Beeren oder Knospen. Das Birkhuhn überwintert bei uns und namentlich im Winter und während der Paarung und Fortpflanzung braucht es zum Leben vor allem Ruhe. Deshalb zieht es sich langsam aus den häufig besuchten Hochmooren in stillere, Freiflächen in lichten Waldbeständen zurück.

Wo sind Hochmoore zu entdecken?

Die wertvollsten Hochmoore sind in den nationalen Schutzgebieten „Rašeliniště Jizery/Große Iserwiese“ und „Rašeliniště Jizerky/Kleine Iserwiese“ geschützt, die in ihrer Bedeutung den Rahmen der Tsch. Republik sprengen. Das ausgedehnte Hochmoor der Großen Iserwiese grenzt an Polen, es ist nicht touristisch erschlossen und eines der letzten wenigen Ruhegebiete im viel bewanderten Isergebirge. Die Kleine Iserwiese/Rašeliniště Jizerky breitet sich im Quellgebiet der Kleinen Iser über der gleichnamigen Siedlung aus und ist durch einen Knüppeldamm samt Aussichtsstelle auf die Aussichtswiese/Vyhlídková louka mit ihren Tümpeln und der Dominante des Buchberges/Bukovec im Hintergrund für den Wanderverkehr erschlossen.

Weitere bedeutende Hochmoore genießen den Schutz von Naturschutzgebieten oder Naturdenkmalen. Hier nur ein paar Beispiele. Das sehr alte Moor „Černá jezírka – Schwarze Seen“ liegt am Quellgebiet des Schönwiesflosses/Krásný potok unter dem Böhmischen Hübel/Ceský vrch, dessen nördlichen Teil der rote Wanderweg durchschneidet. Die Latschenwiesen im Quellgebiet der Weißen Wittig/Bílá Smědá zwischen Wittigberg/Smědavská hora und Siechhübel/ Jizera sind ebenfalls durch einen Knüppeldamm mit Aussicht auf den Siechhübel zugänglich gemacht. Das Moor Lauer/Na Čihadle im Quellgebiet des Tannwassers/Jedlový potok und des Schwarzbaches/Černý potok an der bekannten Wanderwegkreuzung ist auf einem gepflegten Pfad zu erreichen und der Moorteich – die größte natürliche Wasserfläche des Isergebirges – ist von einer hölzernen Aussicht zu überblicken (die Umzäunung dient als Schutz vor Tieren und nicht umgekehrt). Das Moor Neuwiese/Nová louka mit bis zu 4,5 Tiefe wurde in der Vergangenheit intensiv entwässert und trocknet nach und nach aus.

Aber auch abseits dieser NSG mit beschränktem Zutritt sind lebende Moore zu finden. Am Roten Bach/Červený potok über dem Stauweiher Josefův Důl blieben trotz großer Meliorationsschäden bis heute Stellen mit Rundblatt-Sonnentau bewahrt. Zwischen Taubenhaus/Holubník und den Vogelkoppen/Ptačí kupy ist ein Moorteich mit typischer Flora zu erblicken, ähnlich wie im Moor U Širokého kamene unweit von Bedřichov.

Obwohl man Moore nur auf den Bergebenen des Isergebirges erwarten würde, gibt es Moorwiesen auch in niedrigeren Lagen, beispielsweise bei Malá Strana oder Tichá říčka. Aber das ist bereits Teil einer anderen Geschichte, nämlich der Isergebirgswiesen.

Was schadet Mooren?

In der Vergangenheit waren Moore gefürchtete Orte, umwoben von unzähligen Legenden und Spukgeschichten – dennoch wurden sie von den Menschen genutzt, so gut es ging. So wurde im Isergebirge zum Bedarf des Heilbades Lázné Libverda noch bis 1965 auf der Kleinen Iserwiese/Malá jizerská louka Torf gestochen – diese Narben haben sich inzwischen geschlossen. Im Laufe des 19. Jh. wurde auch auf der Moosbeerheide/Klikvová louka unweit von Bedřichov Torf gestochen – auch der infolge dieses Abbaus entstandene Teich, der einst die hiesigen Schleifereien antrieb, ist heute wieder verschwunden.

Die radikalsten Eingriffe sind Meliorationsgräben, die in vielen Mooren gezogen wurden, um sie trocken zu legen und so bessere Voraussetzungen zum Anpflanzen von Fichtenbeständen zu schaffen. Hierdurch verschwanden viele kleine, gesetzlich nicht geschützte Moore, ja nicht einmal die größten und wertvollsten – die Hochmoore der Iser und Kleinen Iser oder Neuwiese/Nová louka blieben von diesen Eingriffen verschont.

Auch die großflächigen Entwaldungen in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts schädigten die Moore, namentlich da, wo der Wald bis an deren Ränder abgeholzt wurde, der sie bis dahin vor austrocknendem Wind, allzu raschem Schneeabtrag oder im Frühling vor zu schnellem Tauen geschützt hatte.

Vielen Moorbewohnern schadet der allzu intensive Wanderverkehr, namentlich zur Nistzeit und beim Aufziehen der Jungtiere im kräftezehrenden Winter. Im Isergebirge haben sie kaum noch Fluchtorte.

Was tut Mooren gut?

Mooren hilft ein erhöhter Grundwasserspiegel, der Schutz der angrenzenden Waldbestände, mancherorts auch die Beseitigung nicht ursprünglicher Latschenkiefern aus künstlichen Anpflanzungen und nicht zuletzt auch die Nichtaufforstung. Einmal in gutem Zustand, bedürfen sie kaum menschlichen Eingriffe. Ihren seltenen Bewohnern aus der Vogelwelt bekommt stilles Milieu ohne unnötiges Aufscheuchen.

Das neue Jahrtausend begann mit einem Hoffnungsschimmer. Inspiriert von den Kollegen aus dem Böhmerwald begannen die Naturschützer des Isergebirges damit, in den wertvollsten Teilen der Hochmoore kleine Sperren an tiefen Meliorationsgräben zu errichten. Nach gründlichen Vorbereitungen hoben im Jahre 2009 die ersten 47 Holzsperren den Wasserspiegel in den Gräben des Hochmoores der Kleinen Iser an und verlangsamten so deren Fließgeschwindigkeit. Flächen mit erhöhtem Wasserspiegel begannen nun schneller mit Torfmoos und weiteren Sumpfpflanzen zu verwuchern, das träger fließende Wasser ermöglicht so die Erneuerung der lebenden Teile des Moores. Zweihundert dieser Sperren wurden drei Jahre später auf der Großen Iserwiese/Rašeliniště Jizery errichtet, 2016 ist die Errichtung weiterer im Moor Neuwiese/ Nová louka geplant. Die gute Sache scheint zu gelingen.

Dabei geht es nicht nur darum, das einzigartige Milieu für seltene Pflanzen und Lebewesen zu retten, sondern auch die Retentionsfähigkeit der Moore bei starken Niederschlägen zu erhöhen, was wiederum den Menschen zu Füßen der Berge zugute kommt.

Dass wir dabei noch ein herrliches Stück Natur und vielleicht auch deren geheimnisvolle, unnahbare Unzugänglichkeit bewahren, ist ein zusätzlicher Bonus. Häufig ist es besser, auf einem bequemen Weg zu bleiben, als im tiefen Moor zu versinken.

Autor: Jana Mejzrová, Verwaltung des LSG Isergebirge/ Jizerské hory, www.nature.cz 

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